„Ewig schön“ heißt ein prächtiges Buch, das anlässlich des 300jährigen Jubiläums der Gründung der Wiener Porzellanmanufaktur – seit 1923 im Augarten situiert – erschienen ist. Dort wird Porzellan mit 800 Grad und mehr gebrannt. Wenn man also weiß, wie es geht, kann man auch sehr heiß brennen und dabei Wunderschönes erschaffen, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen.
Innere Motivation – „Brennen“ für die Aufgabe – ist nötig, wenn man über längere Zeit in einem sozialökonomischen Betrieb (SÖB) oder gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt (GBP) arbeiten und bestehen will. Barbara Vielnascher hat nun in ihrer Abschlussarbeit für den Universitätslehrgang Supervision und Coaching das Arbeiten in einem SÖB zum Gegenstand gemacht. Der Titel ist „Alltag SÖB: Komplexität am Rande des Erträglichen“.
Ziel der Arbeit ist es, ein Verstehen der Organisationsform sozialökonomischer Betrieb – gesehen aus der Perspektive der Betriebsleitung – zu ermöglichen. Als Beispielbetrieb dient der SÖB, den die Autorin leitet. Der gewählte Rahmen der Abschlussarbeit ist das Konzept der Organisationssupervision, mit dessen Hilfe „eine Landkarte der Organisation mit immer feineren Wegen“ gezeichnet werden kann. Ein Fokus richtet sich auf die Interaktionsarbeit, also auf arbeitsbezogene soziale Interaktionen, wie die Gestaltung der dialogischen, interaktiven Beziehung mit Bezieherinnen und Beziehern von Dienstleistungen. In SÖB kann dies schwieriger als anderswo sein, weil der Bezug der Dienstleistung – ein vielfältiges Unterstützungsangebot (Qualifizierung, Beratung etc.), das einen (Wieder-)Anschluss an den Arbeitsmarkt fördert - nicht immer freiwillig erfolgt.
Die Arbeit ist eine Gelegenheit für einzigartige Einblicke, weil die Autorin auch die eigenen Erfahrungen aus ihrem ersten Jahr im Betrieb zum Gegenstand macht. Also aus jener Zeit, in der das Umfeld SÖB für sie selbst neu war. Nicht zuletzt dadurch entsteht eine gelungene Abbildung des Geschehens – auch auf emotionaler Ebene – im Betrieb, das die Arbeit über ihre inhaltliche Relevanz hinaus auch zu einer anregenden Lektüre macht. Sofern sie ihr Ziel erreicht – was aus Sicht des Rezensenten auf überzeugende Weise der Fall ist – wird man nach dem Lesen weniger Gefahr laufen, bei der an sich wunderschönen Tätigkeit in einem SÖB selbst zu Schaden zu kommen.
Das Foto am Anfang des Artikels wurde freundlicherweise von der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten zur Verfügung gestellt.