Im sozialökonomischen Betrieb (SÖB) Demontage- und Recycling-Zentrum DRZ werden jede Woche rund 40 Tonnen Elektroaltgeräte zerlegt, damit ihre Einzelteile und die in ihnen enthaltenen Rohstoffe weiterverwendet werden können. Stefan Kautz hat dort nach einer langen Zeit der Arbeitslosigkeit wieder Fuß im Berufsleben gefasst. Nuzzes hat ihn in der DRZ-Demontagehalle getroffen.
Sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte (GBP) eröffnen Chancen am Arbeitsmarkt. Unter der Rubrik „Alumni“ stellen sich Menschen vor, die ihre Chance nutzen konnten.
Als stellvertretender Leiter in der Demontage im DRZ bin ich unter anderem für den Materialstrom zuständig. Also die Erfassung der von den Mistplätzen hereinkommenden Elektroaltgeräte in der Stoffbuchhaltung und die Unterscheidung danach, was zerlegt und was zum Second-Hand-Verkauf in unsere Re-Use-Abteilung kommt. Weiters die Einschulung und Anleitung unserer Transitarbeitskräfte beziehungsweise der Trainees – gesamt sind das immer so 40 bis 60 Personen. Fix Angestellte sind wir in der Demontage zwei, meine Kollegin und ich.
Wir bekommen wöchentlich neue Leute. Anfangs muss man natürlich mehr nachkontrollieren, ob alles richtig sortiert wird – Kupfer, Motoren undsoweiter – aber normal haben alle das System recht schnell drauf. Und diejenigen, die schon länger da sind, schauen auch auf die Neuen.
Aufpassen muss man zum Beispiel bei den Lithium-Ionen-Akkus, die sich plötzlich selbst entzünden können. Aber das passiert wirklich nur ganz selten einmal und die nötigen Abläufe, Löschen, Evakuieren und Wiederherstellen der sicheren Arbeitsumgebung, haben wir im Griff.
Für alle gewöhnungsbedürftig ist es am Anfang, dass man die Geräte, die man zerlegt, nicht sonderlich schonend behandeln muss. Wenn eine Schraube klemmt, kann man auch mit dem Hammer weiterarbeiten. Man kann sich bei uns so richtig abreagieren, wenn es einmal nötig ist. Es gibt sogenannte Rage Rooms, wo man dafür zahlt, dass man Dinge zerstören kann. Bei uns ist das der normale Alltag.
Ich bin jetzt seit drei Jahren fix im DRZ. Davor war ich selbst Transitarbeitskraft. Zufällig wurde gerade zu der Zeit eine Schlüsselkraft gesucht und weil es für alle gepasst hat, haben sie mich übernommen. Da ist mir damals ein riesen Stein vom Herz gefallen, ohne Spaß. Weil immerhin war ich da schon fünf Jahre arbeitslos. Mein Berufseinstieg war eine Lehre als Koch. Später war ich zwei Jahre lang Zeitsoldat im Heeresspital und als Notfallsanitäter. Danach gab es jobmäßig nichts mehr, was länger angehalten hätte, bis ich eben hierhergekommen bin.
Als Schlüsselkraft in einem SÖB hat man es mit einer ständig wechselnden Belegschaft zu tun, die aus allen möglichen Kulturen kommt. Man braucht unbedingt einen starken Geduldsfaden und ein offenes Ohr für die Probleme der Menschen. Wir in der Arbeitsanleitung sind schließlich oft die erste Ansprechstation für sie. Einfühlungsvermögen ist auch sehr wichtig, weil man nicht alle gleich behandeln kann, sondern darauf achten muss, was der oder die Einzelne braucht. Und Spaß muss es einem machen, wenn man keinen Spaß daran hat, schafft man eine solche Arbeit nicht lange.
Fotos: Erich Schuster
Das Demontage- und Recycling-Zentrum DRZ (Link) gehört zu den Wiener Volkshochschulen und arbeitet in Kooperation mit der MA 48, der Abfallverwertungsabteilung der Stadt Wien.
Begriffe
Mistplätze sind in Wien kostenlose Einrichtungen, wo Sperrmüll, Altstoffe und Problemstoffe abgegeben werden können.
Transitarbeitskräfte: Menschen, die nach vorheriger Arbeitslosigkeit auf befristeten (Transit-)Arbeitsplätzen in einem SÖB oder GBP beschäftigt sind. Mit dieser Arbeit einher geht ein Angebot an Unterstützung (Qualifizierung, Beratung etc.), das einen (Wieder-)Anschluss an den Arbeitsmarkt fördert.
Trainees: Auf sogenannten Trainingsplätzen in SÖB und GBP teilnehmende Menschen. Trainingsplätze sind ein niedrigschwelliges Angebot, bei dem der Erwerb von Arbeitserfahrung im Vordergrund steht.
Schlüsselkräfte: In SÖB und GBP fix Beschäftigte wie Fachanleitungspersonal, Coaches etc.
Zur Person
Ich bin 35 Jahre jung. Bin in Wien geboren und wohne im 21. Bezirk. Ich bin ein offener und positiver Mensch. Zeichnen, Tennis und am PC spielen gehört so zu den Hobbies, die ich habe. Mein Lieblingsfilm ist „28 Days later“. Ich bin ein richtiger Horrorfilmfreak. Ich möchte natürlich so lange es geht im DRZ arbeiten. Eventuell mache ich einmal eine Ausbildung zum Abfallbeauftragten, um mich noch besser in der Materie auszukennen.